Eine der größten Klagen im Dieselskandal wurde vom LG Ingolstadt abgewiesen. Der Rechtsdienstleister Myright hatte sich Schadensersatzforderungen von 2.800 Audi-Käufern abtreten lassen, welche vom Gericht allerdings für nichtig erklärt wurden.
Das Gericht erklärte, dass die klageweise Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Rechtsdienstleister wie der Klägerin grundsätzlich zulässig sei. Im aktuellen Fall sind allerdings bereits die einzelnen Abtretungsvereinbarungen nichtig, da sie aufgrund einer die Käufer benachteiligenden Regelung nicht mehr von der Inkassodienstleistungsbefugnis der Klägerin nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz gedeckt sind, wie das Gericht festhält.
Interessenskonflikt zwischen Käufer und Kläger
Die Grundlage des Urteils bildet eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Myright, die sicherstellt, dass Myright auch dann eine Provision ausbezahlt bekommt, wenn der Käufer den Vergleich widerrufen möchte. Daraus folgt für die Richter, dass die gesamte Rechtsverfolgung für den Käufer dann nicht mehr kostenfrei wäre, da „sowohl ein unzulässiger wirtschaftlicher Druck für den jeweiligen Käufer als auch ein Interessenkonflikt zwischen dem Käufer und der Klägerin“ vorliege. Myright werde die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, aber höchstwahrscheinlich Berufung einlegen, wie ein Sprecher ausführte. Volkswagen und Audi sehen sich durch das Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestärkt, dass eine von außergerichtlichen Inkassodienstleistern offerierte und von externen Prozessfinanzieren finanzierte Klage in dieser Form unzulässig ist.
Myright ist eine Marke des Inkassodienstleisters Financialright und betitelt sich selbst als "Erfinder der VW-Sammelklage im Abgasskandal". Die größten Klagen reichte das Unternehmen in Braunschweig und Ingolstadt ein, darüber hinaus sind noch rund 1.500 weitere Klagen anhängig. Myright wirbt damit, dass durch die Abtretung der Forderungen den geschädigten Autokäufern alle Prozessrisiken und Kosten entfallen.
Im Gegenzug erhält das Unternehmen im Erfolgsfall 35 Prozent der erstrittenen Gelder.
Auch Audis manipuliert
Im Prozess von Ingolstadt wurde über VW-Vierzylinder-Dieselmotoren vom Typ EA189 (sh. dazu auch Artikel vom 06.08.2020) verhandelt. Die Vehikel der Marke Audi waren alle mit der Manipulationssoftware ausgestattet, welche den Volkswagenkonzern in große Schwierigkeiten gebracht hat. Damit wurde die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand voll aktiviert, auf der Straße stießen die Motoren allerdings mehr Stickoxid aus als erlaubt. Im Falle einer Niederlage hätte Audi Schadenersatz in Höhe von EUR 77 Millionen leisten müssen.
Sammelklagen nur eine Klageform
Die Sammelklagen der Inkassogesellschaften sind einer von drei Klageformen, mit denen sich der VW-Konzern konfrontiert sieht. Neben den Einzelklagen, deren Anzahl Medienberichten zufolge auf rund 120.000 geschätzt werden, haben sich rund 463.000 Einzelpersonen der Musterfeststellungsklage angeschlossen. Ihre Ansprüche wurden bereits im April per Vergleich beigelegt. Dem Begehren der Einzelkläger hatte der Bundesgerichtshof im Mai grundsätzlich stattgegeben.