Mit dem Volkswagen-Motor EA189 nahm der Dieselskandal im Jahre 2015 seinen Anfang. Doch weitere Motoren folgten: Auch der Nachfolgemotor mit dem Kürzel EA288 ist vom Abgasskandal betroffen. Eine Anda-Chronologie.
Oktober 2015
Vor fünf Jahren ist die Welt für die Autobauer aus Wolfsburg noch halbwegs in Ordnung, der mittlerweile in die Schlagenzeilen geratene EA 288 noch kein Thema im Abgasskandal, wie VW beteuert: "Volkswagen bestätigt heute, dass in Diesel-Fahrzeugen mit EA-288-Motoren sowohl nach EU5- als auch nach EU6-Norm keine Software verbaut ist, die eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Gesetzgebung darstellt".
Und auch die Behörden witterten damals noch keinen Betrug: "Wir haben keine Erkenntnisse, dass der EA 288 nach Euro 5 auch eine unzulässige Abschaltvorrichtung hat", hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erklärt. Ein Sprecher der Behörde gab damals aber auch zu Protokoll: "Unsere Untersuchungen dauern an."
Dezember 2017
Das Kraftfahrt-Bundesamt fordert VW auf, das Modell VW Touareg mit 3.0-Motor zurückzurufen (mit EA897 Motor der Audi AG) und die Manipulationen zu beseitigen. Die als vermeintlich saubere Dieselmodelle deklarierten Fahrzeuge verfügen demnach ebenfalls über eine sittenwidrige Zykluserkennung.
Als Zykluserkennung wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem ein Fahrzeug erkennt, wenn es einen bestimmten Fahrzyklus auf einem Rollenprüfstand abfährt und die Motorsteuerung auf ein entsprechend schadstoffarmes Kennfeld umschaltet. Zudem nutzt VW beim Motorentyp EA288 sogenannte „Thermofenster“ aus. Das sind Temperaturbereiche, in denen die Abgasreinigung heruntergefahren wird, um den Motor zu schonen. Solche Thermofenster sind nach den einschlägigen Rechtsgrundlagen grundsätzlich illegal und stellen daher eindeutig einen Abgasbetrug dar.
September 2019
Am 12.09.2019 dann der Paukenschlag: Dem Südwestrundfunk (SWR) wurden vertrauliche interne VW-Dokumente zugespielt, aus denen hervorgeht, dass die Baureihe EA 288 ebenfalls mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet ist.
VW dementiert zwar, hüllt sich aber ansonsten in Schweigen.
Januar 2020
VW gesteht in einer Verhandlung ein, dass bei dem Modell VW-Golf eine Abschalteinrichtung eingebaut wurde. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen VW Golf 7 TDI (Euro 6) mit dem Motor EA 288. Zudem räumt VW laut der Urteilsbegründung ein, dass das Fahrzeug erkennen könne, ob es sich gerade auf dem Prüfstand befindet - eine sogenannte "Zykluserkennung". Noch im September 2019 hatte VW genau das gegenüber dem SWR bestritten. Wörtlich hatte VW damals mitgeteilt: "Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 288 enthalten nach dem heute gültigen Abgasstandard EU 6 in EU 28 keine Zykluserkennung."
Mai 2020
Am 25. Mai 2020 stellt der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass die Verwendung illegaler Abschaltvorrichtungen im EA189 eine bewusst sittenwidrige Schädigung der Verbraucher durch VW darstellt. Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) hatte kurz zuvor bereits verlautbart, dass die im EA288 eingebaute Abschaltvorrichtung nicht rechtens ist. Und da Volkswagen selbst die Verwendung des Thermischen Fensters für Motoren des Typs EA288 nicht abstreitet, ist die Argumentationskette quasi geschlossen.
September 2020
VW kommt durch den Einbau von illegalen Abschalteinrichtungen in Fahrzeugen mit dem Nachfolger des EA189 immer mehr unter Druck: „Jetzt kommt das zweite riesige Thema auf, denn nun ist auch der Nachfolgemotor mit dem Kürzel EA288 der Abgasnorm Euro 6 vom Abgasskandal betroffen. Die als vermeintlich saubere Dieselmodelle deklarierten Fahrzeuge verfügen demnach ebenfalls über eine sittenwidrige Zykluserkennung“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung. Betroffene Fahrzeuge, in welchen der EA288 verbaut wurde, sind unter anderem Fabrikate der Marken VW, Audi, Seat und Skoda.
Anda empfiehlt gegen VW vorzugehen
Auch wenn Anda aktuell die weitere Rechtsprechung akribisch beobachtet und bislang keine geschädigten Käufer, die ein Auto mit dem Motorentyp EA288 besitzen, vertritt, empfiehlt Anda-Geschäftsführer Darius Forghani jene Geschädigte, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, „schon jetzt rechtlich gegen VW vorzugehen“.